Zwischen Massentrend und Individualität: Sind wir nicht alle ein bisschen Gaga?

Zwischen Massentrend und Individualität: Sind wir nicht alle ein bisschen Gaga? - Wie Promis uns helfen können, zu unserer Individualität zu stehen

Egal, ob Klamotten, Haare, Make-up oder Ernährung: Wir folgen fast jedem Trend und möchten um jeden Preis dazugehören. Doch gleichzeitig ist auch der Wunsch, individuell zu sein und sich von anderen durch Andersartigkeit abzuheben, weit in der heutigen Gesellschaft verbreitet. Wie passt dieser Gegensatz zusammen – und was genau hat Lady Gaga damit zu tun?

Die kalte Jahreszeit ist da, und schon fragen wir uns wieder: Welcher Mantel ist in dieser Saison angesagt? Ist Blau in oder out? Und welche Schuhe trägt Frau diesen Winter? Die Modebewussten unter uns kennen die Wintertrends 2016/2017 wahrscheinlich schon in- und auswendig und haben bestimmt schon bei der letzten Shoppingtour das eine oder andere Kleidungsstück für die kalte Jahreszeit ergattert. Und auch andere Trends werden brav befolgt – schließlich möchte keine von uns ein Outsider sein, oder? Also ernähren wir uns vegan, färben uns die Haare grau und schminken uns die Lippen schwarz wie die Stars auf den Laufstegen und Roten Teppichen. Wir versuchen uns an Trendsportarten wie Yoga und Pilates und möchten auf einmal alle einen Selbstfindungstrip durch die halbe Welt machen wie Julia Roberts im Film „Eat, Pray, Love“.

Trends nachzueifern ist vollkommen normal – denn jeder möchte einer sozialen Gruppe angehören und nicht durch ungewöhnliche Vorlieben negativ auffallen. Es ist psychologisch begründet, dass wir das, was viele andere tun, als richtig empfinden. Diesem Drang nach Konformität und Anpassung steht jedoch ein Drang nach Individualität und Einzigartigkeit gegenüber: Hauptsache, nicht wie die anderen, Hauptsache auffallen, Hauptsache, Ich selbst sein.

Trendsetter: Promis als Vorbild

Fakt ist jedoch: Aufgrund der gesellschaftlichen Werte und Normen gibt es nur einen schmalen Grat zwischen akzeptiertem Nonkonformismus und der Gefahr, zum Outsider zu werden. Eine Ausnahme: Stars und Sternchen fungieren immer wieder als mutige Vorbilder, zeigen sich mit ausgefallenen Outfits und Frisuren und inspirieren durch ihre Individualität größere Gruppen, die ebenfalls individuell sein möchten. Die VIPs werden also zu Trendsettern. Doch ist diese von den Celebrities vorgelebte und von uns nachgeahmte Individualität dann überhaupt noch unsere Individualität? Längst ist auch die Individualität zum Massentrend geworden: Wir personalisieren unsere Outfits, Smartphones und Tassen. So gibt es die Individualität oft im Kollektiv – Individualität von der Stange sozusagen.

Doch wer wirklich anders sein möchte, dem reicht es nicht, so wie alle anderen den ausgefallenen Trends von Stars nachzueifern und damit schlussendlich doch wieder einem Massentrend zu folgen. Viel eher sollten wir uns anstelle der Outfits, Haarfrisuren und Schminktipps etwas anderes von den Promis abgucken: Ihr Selbstbewusstsein und ihren Mut. Denn ihnen ist es egal, ob sie mit ihrem Outfit einen neuen Trend setzen oder in der Gesellschaft dafür als komisch abgestempelt werden. Wenn wir uns an ihnen orientieren sollten, geht es also nicht so sehr darum, was sie tragen, sondern um den Mut, es zu tragen, egal, was die anderen darüber denken.

Exzentrisch und skurril: Der Style von Lady Gaga

Ein Paradebeispiel für selbstbewusste und mutige Stars und Sternchen ist Lady Gaga. Das Lied „Poker Face“ machte sie 2008 weltberühmt, seither folgten weitere Hits wie „Paparazzi“, „Alejandro“, „Applause“, „Just Dance“ und „Bad Romance“. Derzeit ist die 30-Jährige nach einer dreijährigen Pause auf Promotour für ihr neues Album „Joanne“, mit dem sie sich noch einmal ganz neu erfunden hat. Doch es war nicht nur ihre Musik, mit der die exzentrische New Yorker Sängerin sich ins Licht der Öffentlichkeit katapultierte. Seit Beginn ihrer Karriere zieht Stefani Germanotta, wie Lady Gaga mit bürgerlichem Namen heißt, mit ihren schrillen Kostümierungen und bunten Perücken die Aufmerksamkeit auf sich. Egal, ob verkleidet als Kermit der Frosch, als Seifenblase oder als Teekanne, oder mit einem Luffa-Schwamm als Kopfbedeckung: Lady Gaga ist der Inbegriff der Individualität. Ihre Outfits sind gewagt und nur schwer nachzuahmen.

Mehr als nur Mode? Wie Lady Gagas Outfits zum Statement werden

Wurden manche ihrer gewöhnungsbedürftigen Outfits einfach nur belächelt, wurde Lady Gaga jedoch für so manchen Griff in den Kleiderschrank auch als geschmacklos kritisiert. 2009 beispielsweise hatte sie sich anlässlich der MTV Video Music Awards mit Kunstblut überschüttet, womit sie für einiges an Aufsehen sorgte. Ein Jahr später sorgte sie bei dem VMAs dann mit einem Fleischkleid, das aus rohem argentinischem Rindfleisch bestand, für Furore. Manche Menschen sollen sogar im Anschluss daran angefangen haben, sich vegan zu ernähren.

Zugegeben, ihren Kleidergeschmack müssen wir nicht mögen. Doch dass dahinter mehr steckt als nur Mode, hat Lady Gaga mehr als einmal deutlich gemacht. Stattdessen möchte sie mit ihren skurrilen Outfits das Frau-sein neu definieren und sich für mehr Individualität einsetzen. Zu der vegan lebenden Moderatorin Ellen DeGeneres sagte sie über ihr Fleischkleid:

Wenn wir uns nicht dafür einsetzen, woran wir glauben und nicht für unsere Rechte kämpfen, haben wir bald nicht mehr Rechte als das Fleisch auf unseren Knochen.

Ein ziemlich cooles und inspirierendes Statement. Kein Wunder also, dass das Fleischkleid und Lady Gagas Aussage vom Time Magazine zum besten Kleidungsstatement des Jahres 2010 gekürt wurden und das Kleid es sogar für eine Ausstellung ins Museum schaffte. Dafür musste es sogar extra konserviert und neu rot angemalt werden.

Nur Mut: Wecken wir die Lady Gaga in uns!

So gaga wie auf der Bühne und dem Roten Teppich ist die Sängerin zwar nicht immer, trotzdem macht ihre skurrile und verrückte Art laut eigenen Angaben einen sehr großen Teil ihres Charakters aus, den sie in ihrer Jugend in New York entdeckte, als sie begann, sich der Schauspielerei und der Musik zu widmen. Und dazu steht sie voll und ganz. So sagte sie, sie sei ganz und gar Stefani, aber auch ganz und gar Gaga. Dass sie dazu steht, wie sie ist, hat sie bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht.

2012 rief Lady Gaga ihre Stiftung „Born This Way“ ins Leben – passend zum Song, in dem sie darüber singt, dass wir uns selbst akzeptieren sollen und gut sind, wie wir sind. Genau darum geht es auch bei ihrer Stiftung: Das Ziel der Organisation sei es, sich für mehr Individualität einzusetzen und eine größere Akzeptanz für Unterschiede in der Gesellschaft zu erreichen. Der Hintergrund: Lady Gaga selbst wurde als Jugendliche aufgrund ihrer Individualität immer wieder gemobbt, wie ihre Mutter Cynthia Germanotta anlässlich der Eröffnung verriet:

Als sie aufwuchs sah sie sich aufgrund ihrer Individualität mit vielen Kämpfen konfrontiert und erfuhr infolgedessen oft Gemeinheit und Grausamkeit.

Lady Gaga musste also hart kämpfen, um damit zurecht zu kommen und Gleichgültigkeit gegenüber der Meinung anderer zu entwickeln. Heute ist sie stark und möchte anderen dabei helfen, ebenfalls Mut zu mehr Individualität zu haben. Damit ist sie mehr als ein Sternchen, das mit seinen Outfits auf dem Roten Teppich neue Trends setzen will: Sie ist eine Inspiration für Leute, die unter Selbstzweifeln leiden und aus diesem Grund Angst haben, zu ihrer Individualität zu stehen.

Ihre Outfits sind zwar bei Weitem nicht alltagstauglich, aber die müssen wir auch nicht unbedingt kopieren. Viel wichtiger ist es, uns an ihrem Selbstvertrauen und Mut zu inspirieren. Hierbei können sich vermutlich so einige von uns gut mit Lady Gaga identifizieren. Denn der Wunsch nach Mut zur Individualität steckt schließlich in so gut wie jeder von uns. Seien wir also ruhig mutig und wecken wir die Lady Gaga in uns!