Boris & Lilly: Die Traumhochzeit

Boris & Lilly: Die Traumhochzeit - Hochzeit des Jahres

Was für ein Kuss. Voller Emotion und Nähe, Energie und Kraft, Liebe und Verbundenheit. Stolz zieht der frisch gebackene Ehemann seine vor Aufregung bebende Frau zu sich heran. Lässt sich fest von ihr umklammern und umfasst ihr strahlendes G

Da stehen sie nun, vor Gott vereint als Mann und Frau. Boris und Sharlely Becker küssen sich – und 200 Hochzeitsgäste in der Kapelle Regina Pacis am Suvretta-Hang in St. Moritz brechen in wilden Jubel aus. Boris’ Mutter Elvira ringt mit der Fassung, die Söhne Noah und Elias könnten nicht glücklicher sein und Lillys Großmutter Esseline lächelt zufrieden und still. Über Lillys Wangen kullern dicke Freudentränen, Boris hat sichtlich feuchte Augen. Ein Mann wie Boris darf weinen – weil er gerade zum ersten Mal spürt, dass er nach Jahren der Rastlosigkeit und Sehnsucht nach einer Heimat endlich angekommen ist. Weil er mit 41 weiß, was er will. Und sich sein Wunsch erfüllt: eine gemeinsame Zukunft mit seiner Lilly.

Er lässt dem intensiven, langen Kuss viele kleine, zärtliche Küsse folgen, schickt noch einen bewundernden Handkuss hinterher. Boris kann es nicht fassen, dass diese wunderschöne Braut in einem Traumkleid der Modeschöpferin Carolina Herrera nach fast fünf turbulenten Jahren Beziehungs-Auf-und-Ab wirklich Ja gesagt hat. Das ganze Eheversprechen zwar stockend, aber Wort für Wort wiederholt hat und dass diese stolze, selbstbewusste Person von heute an den Namen Sharlely Becker tragen möchte. An ihrer linken Hand funkelt jetzt ein rundum mit Diamanten besetzter Ehering. Boris mag es massiver, Lilly steckt ihm – wegen feuchter Hände mit sanfter Gewalt und unter großem Gelächter – ein Modell aus drei ineinander verschlungenen Goldringen an den Finger. Das „Ave Maria“, gesungen von Heinrich Schuster (dem besten Freund von Boris’ verstorbenem Vater Karl-Heinz), gibt den beiden ein wenig Zeit zum Durchatmen. Gospelsänger Roy Ellis und sein Chor heizen gleich darauf mit „He’s Got The Whole World In His Hands“ und „Oh Happy Day“ die Stimmung wieder an.

Die Gäste wippen, singen und klatschen. „Es war die beste Mischung aus Trauung und Popkonzert, die ich je erlebt habe“, scherzt der Londoner Galerist Tim Jeffries. Einige Paare im Publikum lassen sich vom Glück der beiden anstecken: Ex-Radrennprofi Jan Ullrich küsst verliebt seine Frau Sara, Franziska van Almsick schmiegt sich an ihren Lebensgefährten Jürgen B. Harder, Marcel Reif umarmt seine Verlobte Marion Kiechle, Vitali Klitschko greift nach der Hand seiner Frau Natalie. In einem Oldtimer von Mercedes-Benz geht es zurück ins Hotel „Badrutt’s Palace“, wo am Vormittag der aufregendste Tag im Leben von Boris und Lilly begonnen hatte.

Das Paar hatte die kurze Nacht des Polter­abends, der mit Freunden und Familie im Edel-Italiener „Chesa Veglia“ gefeiert wurde, in getrennten Suiten verbracht. Lilly mit ihren Brautjungfern, Boris mit seinen Söhnen Noah und Elias. Nach dem Frühstück machen sich die 50 engsten Freunde und Verwandten gegen halb zwölf auf den Weg ins nahe gelegene Segantini Museum, wo sich die Brautleute das standesamtliche Ja-Wort geben. Boris und Lilly starten einige Minuten später. Er im grauen Nadelstreifenanzug, sie im schmalen Hosenanzug aus weißer Seide. An Lillys Seite: Boris’ Söhne. Als Letzte treffen die Brautjungfern ein. Für die verspäteten Damen ist kein Platz im Kuppelsaal, aber die Gäste rücken zusammen.

Die kurze Fahrt zum Standesamt wird für Boris und Lilly zum Augenblick der Wahrheit. Die Braut hatte schon vorher geahnt, dass Herz und Puls zu rasen beginnen würden, wenn es ernst wird: „Ich bin so unglaublich nervös!“ Aus Angst? Vor Aufregung? Alles auf einmal! „Uns wird gerade klar: Jetzt wird’s ernst, jetzt gibt es kein Zurück mehr“, fügt Boris hinzu. Lilly bekommt beim Ja-Wort anfangs keinen einzigen Ton heraus. Um 12.09 Uhr sagt Lilly dann in einer Mischung aus Niederländisch und Deutsch als Erste: „Ja, ik will!“ Und natürlich will auch Boris. Damit geht es in die erste Runde beim Eheversprechen: Der erste Ringtausch, der erste Kuss als Ehepaar, die erste offizielle Unterschrift mit dem gemeinsamen Namen und Lillys erster frecher Spruch als Boris’ Ehefrau: „Muss ich jetzt mit Becker unterschreiben?“

Nach einer knappen halben Stunde ist die deutsch-englische Zeremonie vorbei. „Wir sind unheimlich glücklich“, schwärmt Becker, seine Lilly ganz fest im Arm. Beckers 73-jährige Mutter Elvira, in einem eleganten Escada-Outfit, verrät: „Ich war schon nervös. Aber ich freue mich, dass sein Leben jetzt in Ordnung kommt.“ Beckers früherer Davis-Cup-Partner Eric Jelen fand die Trauung bewegend und schön: „Boris und Lilly wurden behandelt wie jedes andere Brautpaar auch, es gab keinen Promi-Bonus.“ Ex-Hockey-Profi Stefan Blöcher schließt sich an: „Die Standesbeamtin hat treffende Worte für die beiden gefunden.“

Nur noch wenige Stunden bis zum zweiten Eheversprechen. Kurz vor 17 Uhr versammeln sich die Damen auf Lillys Wunsch in eleganten roten Kleidern, die Herren in Smokings. Ab halb sechs spielt der Organist, die Kapelle füllt sich. Blumenmädchen kichern und verstreuen vor Nervosität ihre Rosenblätter, bevor Braut und Bräutigam überhaupt in Sicht sind. Bereits 17.45 Uhr läuten die Glocken, aber erst eine gute halbe Stunde später betritt Boris die Kirche. Vorneweg marschiert der kleine Elias mit den Ringen, ihm folgt mit dem Vater sein großer Bruder Noah, der exakt denselben grauen Frack trägt wie Boris.

Und da warten sie jetzt, die drei Becker-Männer, auf die neue Frau in ihrem Leben. Als Lilly die Kirche betritt, geht ein Raunen durch die Reihen. Atemberaubend schön schreitet sie, geführt von ihrer Großmutter Esseline, zum Altar. Das Paar hat sich eine richtige Familienhochzeit gewünscht. Und das wäre sie nicht, wenn nicht in andächtiger Stille plötzlich ein Baby, von Kopf bis Fuß in Rot gekleidet, zu schreien anfangen würde. Die Atmosphäre ist gelöst, fröhlich und die Gäste sind restlos begeistert. Beschwingt geht es zurück ins Hotel. Boris und Lilly nehmen die Wünsche ihrer Gäste entgegen. Lilly: „Es war alles so aufregend. Ich freue mich jetzt einfach nur auf die Party.“

Aber bis dahin muss die neue Frau Becker noch ein Vier-Gänge-Menü verspeisen und sich etliche Reden lang gedulden. Die Gäste werden in den Saal „Le Restaurant“ des „Badrutt’s Palace“ gebeten, das auf Lillys Wunsch mit 10 000 roten und weißen Rosen, Kunstrasen und Vogelvolieren kunstvoll in ein italienisches Gartenrestaurant verwandelt worden ist. Es ist weit nach Mitternacht, als Boris und Lilly, die Braut inzwischen in einem roséfarbenen Federkleid der britischen Designerin Jenny Packham, endlich die siebenstöckige Hochzeitstorte anschneiden. Den Brautstrauß aus dunkelroten Rosen wirft Lilly so schnell, dass sich längst nicht alle ledigen Damen versammeln können. Doch eine schnappt zu: die ­Münchener Medizinprofessorin Marion Kiechle, die Verlobte von Sportkommentator ­Marcel Reif.

„Es ist der glücklichste Tag in meinem Leben“, sagt Boris bewegt. Pause. „Mit Abstand!“, ergänzt er. Und Lilly? Sie will feiern, und mit ihr viele tanzwütige Freunde. Bis drei Uhr morgens halten die beiden durch. Erholung suchen sie in ihren ersten kurzen Flitterwochen an der Côte d’Azur. Mit dabei sind selbstverständlich Noah und Elias. Schließlich sind jetzt alle eine Familie.

Kati Degenhardt