Wolke Hegenbarth und der Zorn der Mütter

Wolke Hegenbarth und der Zorn der Mütter

"Luxus-Mutter" - das ist nur eine kritische Bezeichnung, die Schauspielerin Wolke Hegenbarth gerade in den sozialen Medien um die Ohren fliegt. Kein Wunder, hat die 42-Jährige doch mit ihrer schonungslos ehrlichen Baby-Beichte ein absolutes Tabu gebrochen. 

Wolke Hegenbarth: Erstes Babyjahr war "traumatisch"

In der heilen Welt von Instagram ist es normalerweise so: Eine (Promi-)Mama zeigt überglücklich wahlweise den Schwangerschaftstest oder ein Ultraschall-Bild. Weichgezeichnete Bilder vom wachsenden Babybauch folgen, dann ist das Wunschkind da - meist illustriert ein Foto eines winzigen Däumchens die ellenlange Abhandlung, dass man erst jetzt wisse, was Liebe bedeute. Und dann nimmt uns die Neu-Mutti mit in ihre rosarote Welt des Lebens mit Säugling - #Momlife - wie süüüüüüüß! 

Mittlerweile gibt es viele "Momfluencerinnen", die zumindest von den Schattenseiten der Geburt und den gesundheitlichen Problemen im Wochenbett berichten. Auch dass der After-Baby-Body nicht so rasch makellos und instagrammable wird wie erhofft, das wissen die meisten NutzerInnen der sozialen Netzwerke mittlerweile.

Mit ihrer schonungslosen Baby-Beichte ist Wolke Hegenbarth jedoch noch einen Schritt weiter gegangen. Bereits im September schilderte sie der "Bild", dass das erste Jahr mit Kind so anstrengend war, dass sie sich kein zweites mehr vorstellen könnte. Und in einem aktuellen "Spiegel"-Interview bezeichnet die "Notruf Hafenkante"-Schauspielerin das erste Babyjahr als "traumatisch". 

Mein Sohn Avi hat ein Jahr lang nicht mehr als zwei Stunden am Stück geschlafen. In schlimmen Phasen ist er alle 45 Minuten aufgewacht. Ich habe ihn wochenlang nachts von drei bis fünf Uhr morgens durch die Wohnung getragen, immer um unseren Küchenblock herum. In der Sekunde, in der ich mich setzte, war er wieder wach,

beschreibt die 42-Jährige den zermürbenden Schlafmangel, den wohl viele Eltern - und leider vor allem Mütter - eines Neugeborenen kennen. Wegen dieses Schlafentzugs habe sie eine radikale Entscheidung getroffen: "Ich kann mir aus dem Grund kein zweites Kind vorstellen" - eben auch, weil sie glaubt, dass ihre Beziehung weiteren Nachwuchs nicht überleben würde. 

Wenn ich vorher gewusst hätte, wie das erste Jahr wird, hätte ich es nicht gemacht. Trotzdem sage ich im Nachhinein: Ich bin sehr froh, Mutter geworden zu sein.

"Die Geschichte endet immer damit, dass die Frau ihr Baby bekommt und glücklich ist"

Das Schlimmste: Hegenbarth habe sich mit ihren Problemen isoliert und einsam gefühlt - eben weil das Leben mit Baby in der Öffentlichkeit so positiv besetzt ist. 

Ich habe mich so wahnsinnig allein gefühlt [...]. Ich hatte das Gefühl, ich bin die Einzige, der es so geht. Egal, wo man hinschaut, endet die Geschichte immer damit, dass die Frau ihr Baby bekommt und glücklich ist.

Mit ihrer emotionalen Beichte spricht die "Mein Leben & Ich"-Darstellerin vielen Müttern aus der Seele. "Viele schrieben mir, dass sie geweint haben, weil sie sich endlich verstanden fühlten. Deshalb will ich allen Frauen sagen, die gerade in der Situation stecken: Es wird besser. Ich konnte es mir nicht vorstellen, aber es stimmt", so Hegenbarth.

Gegenwind im Netz: "Luxus-Mütter"

Doch wie bei fast allen Themen zu Schwangerschaft, Geburt und Kind gibt es auch eine Menge Gegenwind - Stichwort "Mom-Shaming". Auf der Facebook-Seite des "Spiegels", wo das Interview in einem Post angeteast wurde, häufen sich zahlreiche negative Kommentare:

Sie hat ihr Publikum sicher mit solchen Aussagen. Und kritisch nachfragende Medien muss sie nicht fürchten in einer in weiten Teilen egomanischen Gesellschaft, in welcher Haustiere inzwischen wichtiger als Kinder sind. Die einen werden abgöttisch geliebt, die anderen "traumatisieren" schließlich.

Der Vorname Wolke könnte auf eine verwöhnte Kindheit hinweisen, die im Erwachsenenalter auf eine unerwartete Realität gestoßen ist???

Grad mal gegoogelt: 42 Jahre alt, meine beiden habe ich mit 21 und 23 bekommen und ja, da hat mir das alles nicht so viel ausgemacht. Mit 40 hätte ich kein Kind mehr haben wollen. Frau ist, je älter, halt nicht mehr so belastbar ....

"Mit einem Kind zu leben ist sicher nicht traumatisch"

Trauma Schlafmangel? Oma Klara hatte Schlafmangel im Bunker mit der kleinen Renate und weil sie für 300 Gramm Rindfleisch sieben Stunden in der Schlange stehen musste -  Luxus-Mütter.

Traumatisch? Mit einem Kind zusammen zu leben ist grundsätzlich sicher nicht traumatisch, nur schön, wundervoll, anstrengend und in den meisten Fällen mit Schlafmangel verbunden. Trauma ist definitiv was anderes.

Wie haben das die Frauen früher geschafft mit 3 oder 4 Kindern, heute wird sich keine Zeit mehr für ein Kind genommen, und dann nur rumgemeckert.

"Es ist nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen"

Doch es gibt natürlich auch viele, die die Offenheit von Wolke Hegenbarth bejubeln:

Ich kann mir auch kein zweites Kind vorstellen und wir haben ein "Anfängerkind", wie alle sagen ... Und jetzt kommt und verfolgt mich mit Fackeln und Heugabeln 

Ich fühle mit ihr. Habe selbst drei Kinder und mein drittes war ein Schreikind. Ich kann sie verstehen. Der Schlafentzug, den mein Mann und ich heute noch haben, 6 Jahre später: Es ist anstrengend.

Ich finde es gut, dass Frau Hegenbarth offen darüber spricht, was viele Mütter verschweigen. Eltern zu sein hat nämlich nicht nur immer schöne Seiten und es nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen. Wir sollten auch mal lernen, die Kehrseite, die Andere erleben, zuzulassen und zu respektieren.

    Wolke Hegenbarth: "Wünsche mir mehr Wohlwollen von Müttern"

    Und auch die 42-Jährige macht auf Instagram noch mal deutlich, worum es ihr geht - nämlich Female Empowerment:

    Mich nervt dieses Frauenbild: Genau so hast du zu fühlen, wenn du ein Baby hast und genau so musst du es machen, damit es richtig ist. Wir sind alle unterschiedlich. Und jedes Baby ist auch wieder anders. Mir fehlen Reflektion und genaue Differenzierung, genaues Zuhören, bevor man losblökt.
    Ich wünsche mir mehr Wohlwollen, vor allem unter Müttern. Das ist ohnehin die Königsklasse des Female Empowerment: Wenn Mütter andere Mütter stärken.🧡🙏🏽🧡

    Und dafür hat Hegenbarth mit ihrem Interview einen wichtigen Beitrag geleistet. 

    Verwendete Quellen: Spiegel, Instagram, Facebook