Von Sisi bis Meghan Markle: Wie sich das Frauenbild im Königshaus verändert hat

Von Sisi bis Meghan ist es ein weiter Weg. Dazwischen liegen nicht nur zwei Jahrhunderte, sondern auch ein grundlegender Wandel des Frauenbilds. Wo einst Schweigen zur Pflicht gehörte, wird heute ins Mikrofon gesprochen. Wo ein zu tiefer Blick als Affront galt, wird heute mit Charisma gepunktet. Und wo Frauen in der Monarchie lange Zeit nur als schmückendes Beiwerk gesehen wurden, nutzen sie heute ihre Position, um Debatten anzustoßen, Rollenbilder zu hinterfragen und auch mal auszubrechen.

Eine Frau trägt ein Diadem
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Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn das Königshaus ist kein neutraler Ort. Es konserviert alte Muster und reagiert oft empfindlich auf Veränderung. Wer sich emanzipiert, wird beobachtet. Wer aneckt, wird beurteilt. Und wer bleibt, muss den Spagat zwischen Tradition und Gegenwart, Repräsentation und Rebellion wagen.

Zwischen Pflicht und Protest: Sisi als frühes Störgeräusch

Sie war Kaiserin, aber wollte keine sein. Schon als junge Frau war Elisabeth von Österreich-Ungarn eine Figur, die sich nicht laut und nicht kämpferisch, sondern auf leisen Sohlen den höfischen Erwartungen entzog. Der Wiener Hof nannte sie Sisi, dabei hieß sie in der Familie schlicht Lisi. In ihrer royalen Welt voller Etikette und Pflichtgefühl begann sie früh, eigene Wege zu suchen. Dass sie ein Sprachtalent war, sich auf Englisch mit ihrer Schwester austauschte und das Reiten mehr liebte als den Ballsaal, passte nicht ins Bild.

Noch erstaunlicher wirken die kaum bekannten Fakten über Sisi. Mit 51 Jahren ließ sie sich in einer Hafenkneipe ein Anker-Tattoo stechen, später folgte angeblich ein Adler über dem Steißbein, das von einem japanischen Tätowierer gestochen wurde.

Ihre aufwendige Haarpflege war eine Wissenschaft für sich. Gewaschen wurden die Haare nur alle paar Wochen, dafür mit Ei und Cognac. Die berühmte Frisur, die auf vielen Porträts zu sehen ist, wurde eigens für sie entworfen. Verantwortlich war eine Wiener Friseurin, die der Kaiserin so ähnlich sah, dass sie gelegentlich sogar als ihre Doppelgängerin auftrat.

Sisi war schon zu Lebzeiten eine Projektionsfläche, umgeben von Gerüchten, bewundert für ihre Schönheit, doch innerlich immer auf der Flucht. Hinter dem Kult um Haare, Milch und Korsett stand eine Frau, die mit aller Konsequenz versuchte, sich aus ihrer Rolle zu lösen. Sie hatte wohl mehr gemeinsam mit heutigen Royals, als so mancher vermuten würde.

Von Wilhelmina bis Victoria: Wer das Amt ernst nimmt, aber nicht sich selbst

Sisi suchte die Freiheit, viele ihrer Nachfolgerinnen suchten den Halt. Denn während sie sich noch gegen die starren Regeln auflehnte, gab es auch Frauen, die genau in diesen Regeln ihre Rolle fanden und sie selbstbewusst ausfüllten. Manche Königinnen sahen das Amt nicht als Zwang, sondern als Verantwortung. Nicht als Bühne für Rebellion, sondern für Stabilität.

Königin Wilhelmina der Niederlande trat beispielsweise mit 18 den Thron an und blieb fast sechs Jahrzehnte im Amt. Sie galt als diszipliniert und pflichtbewusst und war eine Monarchin, die Distanz wahrte und nie aus der Rolle fiel. Für Sentimentalität war im Palast kein Platz. Die Krone trug sie mit Haltung, nicht mit Emotion.

Heute sieht das anders aus. Victoria von Schweden ist Thronfolgerin, Mutter, Schirmherrin unzähliger Organisationen und zugleich ein Mensch mit sichtbaren Brüchen. In ihrer Jugend kämpfte sie mit Essstörungen und sprach offen über Druck und Selbstzweifel. Genau das macht sie für viele so glaubwürdig.

Der Unterschied ist nicht nur eine Frage der Zeit. Er liegt im Rollenverständnis. Während Wilhelmina das Amt als Pflicht ansah, versteht Victoria es als Plattform.

Die perfekte Fassade? Diana, Letizia und Kate im Licht der Öffentlichkeit

Victoria von Schweden zeigt, wie man als moderne Royal mit Nähe und Haltung führen kann. Doch nicht jede darf den Ton selbst bestimmen. Wer im Rampenlicht steht, wird gelesen, bewertet und von den Medien oft bis zur Erschöpfung verglichen. Manche königlichen Frauen wurden zu Ikonen, weil sie gelernt haben, mit dieser Dauerbeobachtung umzugehen. Andere gingen daran zugrunde.

Diana war keine Prinzessin, sie war ein Phänomen. Ihr Leben wurde fotografiert, zerlegt und gedeutet bis zum bitteren Ende und sogar noch darüber hinaus. Kaum jemand prägte das Bild moderner Royals so stark wie sie. Dabei war sie von Beginn an überfordert. Der Druck war enorm. Ihre Ehe war kühl und der Alltag äußerst kontrolliert. Ihre Reaktion darauf war eine Mischung aus Rückzug und Revolte: Fünf Selbstmordversuche, Bulimie, öffentliche Auseinandersetzungen mit Camilla, aber dennoch immer ein Lächeln für die Kameras. Die größten Geheimnisse von Diana zeigen, wie wenig Märchen hinter dieser Geschichte steckte.

Letizia von Spanien arbeitete als Journalistin, bevor sie Königin wurde. Das ist ein Lebenslauf, der nicht ins klassische Rollenbild passte. Der Einstieg in die Monarchie war auch für sie kein sanfter. Vor allem im Inneren des Palasts schlug ihr anfangs Ablehnung entgegen. Statt sich zurückzuziehen, begegnete sie dem Druck jedoch mit Professionalität. Sie setzte auf klare Sprache, einen souveränen Auftritt und eine kontrollierte Öffentlichkeit. Emotionen zeigt sie nur dosiert, Interviews gibt sie kaum. Letizia wahrt Abstand, ohne sich abzukapseln und formt damit eine neue, zurückhaltende Form weiblicher Stärke im königlichen Kontext.

Kate Middleton wiederum schaffte das scheinbar Unmögliche. Sie ist immer präsent, aber nie angreifbar. Skandale, politische Aussagen oder öffentliche Brüche mit dem Protokoll sucht man bei ihr vergeblich. Sie erfüllt die Erwartungen höflich, elegant und kontrolliert. Gerade diese Zurückhaltung macht sie zum Gegenbild von Diana. Wo Diana aneckte, bleibt Kate auf Linie. Sie bietet Projektionsfläche, aber keine Angriffsfläche. Und vielleicht liegt gerade darin ihre Stärke. Sie wahrt die Form und wirkt trotzdem modern, ohne den kleinsten Ausbruch.

Wer nicht ins Raster passt, wird entweder gefeiert oder zerrissen

Kaum eine royale Figur hat das so deutlich erlebt wie Meghan Markle. Als Herzogin von Sussex wurde sie zur Projektionsfläche für Bewunderung, aber auch für Misstrauen und Kritik. Ihre Herkunft, ihr Beruf und ihre Hautfarbe sprengten das gewohnte Bild im britischen Königshaus. Die Erwartungen an sie waren enorm, der Spielraum winzig.

Meghan trat aus dem Schatten der traditionellen Royals hervor und sprach offen über Themen wie Rassismus, mentale Gesundheit und familiäre Konflikte. Der Rückzug von ihren offiziellen Pflichten war eine klare Entscheidung für Selbstbestimmung, aber auch eine Entscheidung, die den Zorn vieler auf sich zog.

Heute lebt sie in Kalifornien, weit entfernt vom Palastprotokoll, und mit einem klaren Ziel. Sie möchte Einfluss ausüben, ihre Geschichte erzählen und die Dinge verändern. Sie zeigt sich auf Instagram, teilt persönliche Momente und tut dies auf eine Art, die sowohl erfrischend als auch ein wenig rebellisch wirkt. Ein aktuelles Beispiel? Ihr emotionales Video, in dem sie sich bei Billie Eilish für deren Hilfe an einem Waldbrand-Opfer bedankt. "Das wird ihr so viel bedeuten", sagte Meghan, als sie das versprochene Konzert-T-Shirt überbrachte, das sie für das Mädchen besorgt hatte.

Sie passt nicht ins Raster. Und gerade deshalb bewegt sie vieles, was andere nicht einmal ansprechen dürfen.

Zwischen Thronfolge und Selbstfindung – Was die nächste Generation prägen könnte

Meghan hat das Königshaus nicht verändert, aber sie hat die Grenzen eines Systems, das mit Vielfalt und Eigenständigkeit oft überfordert ist, freigelegt. Doch außerhalb dieser Grenzen wächst eine Generation heran, die sich nicht mehr erklären will. Sie fragt nicht, wie man sich anpasst, sondern ob man überhaupt noch dazugehören muss.

Wie wird wohl die erste Prinzessin der Generation Alpha auftreten? Wird sie den Titel überhaupt noch annehmen oder ihn als Relikt ablehnen? Wird sie sich in einem Palast zeigen oder auf TikTok?

Die bisherigen Generationen haben das Bild der Royal-Frau immer wieder neu definiert. Von der schweigsamen Repräsentantin zur selbstbestimmten Stimme. Doch was kommt danach? Vielleicht eine, die beides sein will: Prinzessin und Person. Oder eine, die sich gar nicht mehr erklären muss. Denn während sich die Königshäuser langsam verändern, wächst außerhalb längst eine Generation heran, für die Herkunft weniger zählt als Haltung.