"Dinner for One": Warum Butler James kein Deutsch sprach

Es ist das Kult-Ritual an jedem Silvesterabend: Millionen Deutsche schauen zu, wie Butler James über den Tigerkopf stolpert und mit imaginären Gästen anstößt. Doch wusstest du, dass dieser Erfolg fast an der Sturheit von Hauptdarsteller Freddie Frinton gescheitert wäre? Warum der Komiker sich anfangs weigerte, in Deutschland aufzutreten, und wieso der Sketch bis heute nur im englischen Original läuft, erfährst du hier.

Dinner for one
Freddie Frinton und May Warden schrieben als James und Miss Sophie Fernsehgeschichte. Dass der Butler kein Wort Deutsch sprach, war dabei kein Zufall, sondern eine ganz bewusste Entscheidung des Schauspielers aufgrund seiner persönlichen Vergangenheit.© Getty Images

"Dinner for One": Peter Frankenfeld entdeckt den Sketch 

Eine hochbetagte Dame feiert Geburtstag. Aber ach: Ihre Freunde sind verstorben. Doch sie lässt sich’s nicht verdrießen und tafelt mit imaginären Gästen. Schon mal gehört? Diese Geschichte soll Prinz Albert (1819-1861), der Gatte von Queen Victoria, in munteren Hofrunden erzählt haben. Bei der exzentrischen Dame habe es sich, so die Legende, um seine eigene Großmutter gehandelt. Dass die Grundidee von "Dinner for One" auf diese Weise nach England kam, schreibt der Autor Andreas M. Cramer in einem auf Tatsachen basierenden Roman. Vielleicht ist die Anekdote erfunden. Aber mal ehrlich: Fügt sich Albert so schlecht in die Gesellschaft von Mr Pommeroy, Mr Winterbottom, Sir Toby und Admiral von Schneider ein? Immerhin geht es in dem Sketch um die wohl charmanteste (Selbst-)Täuschung der Geschichte. Eines ist zweifelsfrei gesichert: Im Jahr 1962 weilte der beliebte deutsche Entertainer Peter Frankenfeld (1913-1979) im englischen Seebad Blackpool. Dort entdeckte er "Dinner for One" in einem Theater. Die Rolle von Butler James spielte der eher unbekannte Mime Freddie Frinton (1909-1968), der um 1951 die Rechte an dem Sketch erworben hatte. Miss Sophie, die Gastgeberin der imaginären Tafelrunde, wurde von May Warden (1891-1978) verkörpert – auch sie ein ziemlich unbeschriebenes Blatt. Frankenfeld sprach Frinton an und lud ihn in seine Sendung ein. Doch der Komiker zierte sich.

"Dinner for One": Frinton hat den Krieg nicht vergessen 

Er hatte nämlich als Truppen-Unterhalter im Zweiten Weltkrieg gedient und fühlte noch immer eine gewisse Abneigung gegen die Deutschen. Als Frankenfeld ihn jedoch zu einem Gastauftritt überredete, bedang sich der Schauspieler die Aufführung des Sketches auf Englisch aus. Im Nachhinein können wir sagen: zum Glück! Denn wollen wir uns vorstellen, wie Butler James seine Chefin in holperndem Deutsch fragt: "Der gleiche Ablauf wie im vergangenen Jahr, Fräulein Sophie?" Am 8. März 1963 wurde "Dinner for One" in der Sendung "Guten Abend, Peter Frankenfeld" aufgeführt. Doch die Aufzeichnung, die wir alle kennen, entstand wenige Monate später im Hamburger Theater am Besenbinderhof. Der NDR hatte ein Eisbärenfell als Stolperfalle für Butler James vorgesehen. Doch Frinton bestand auf seinem eigenen bengalischen Tiger, der ihm vertraut war. Anfangs diente der rund 18-minütige Sketch als Lückenbüßer im ARD-Programm. Erst 1972 wurde "Dinner for One" am Silvesterabend aufgeführt. Seitdem wissen wir an jedem 31. Dezember, wenn der Bildschirm am Abend flackert: "The same procedure as every year"!

Dieser Artikel erschien zuerst in der Printausgabe von 7 TAGE. Weitere spannende Star-News liest du in der aktuellen 7 TAGE! – Jeden Samstag neu am Kiosk.