
Joachim Llambi: "Es ist alles ein bisschen weichgespült"
Kein Juror wird bei "Let's Dance" so gefürchtet wie Joachim Llambi (60). Der Chefjuror hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg und bewertet die Kandidaten knallhart. Dafür hagelt es jedoch regelmäßig heftige Kritik. Ist der Juror schlichtweg zu streng, oder ist die Kritikfähigkeit in unserer Gesellschaft zu schwach? "Die Kritikfähigkeit in unserer Gesellschaft hat sich deutlich gewandelt in den letzten Jahren, leider zum Negativen. Es ist alles ein bisschen weichgespült worden, die Leute sind nicht mehr auf Diskurs aus", findet Llambi im Interview mit "dwdl". "Ich bin Jahrgang 1964, ich habe es nicht anders gelernt. Jeder hat über alles sprechen können, jeder hat aber auch die Meinung des Anderen respektiert."
Das würde aktuell aber anders aussehen. "Das hat sich deutlich verändert und ich wünschte mir, wir kämen wieder dahin. Wir müssen uns nicht an die Gurgel gehen, aber man muss respektvoll unterschiedliche Ansichten miteinander konfrontieren können. Das ist uns in der Gesellschaft abhanden gekommen." Der "Let's Dance"-Juror findet daher: "Jeder sollte seinen Standpunkt klarmachen können, so wie bei uns in der Jury. Da reibt man sich mal. Aber Reibung erzeugt Wärme und Wärme erzeugt Behaglichkeit."
"Nicht nur eine Frage von schönen Kostümen"
Joachim Llambi findet somit auch, dass sein Urteil bei "Let's Dance" fair sei. Er würde mit seiner Bewertung schließlich nur eine Einschätzung abgeben. "Einer muss dem Zuschauer, der in der Regel nicht so viel Ahnung vom Tanzen hat, eine Einordnung geben. Wir können nicht alle nur mit großem Herz dasitzen. Es gibt Begrifflichkeiten, es geht um Bewegungsabläufe, es geht um Techniken, es geht um Rhythmen", erklärt der Kollege von Motsi Mabuse (44) und Jorge González (57). "Aspekte, die nicht jedem Laien sofort auffallen. Das, was auf dem Parkett passiert, ist ja nicht nur eine Frage von schönen Kostümen, schöner Musik und Atmosphäre."
"Ich stelle keine historischen Vergleiche an"
Allerdings zückt Joachim Llambi immer häufiger die 10-Punkte-Kelle – aus diesem Grund. "Die 10 Punkte kommen häufiger, weil die Spitze der Paare bzw. Prominenten in der Breite deutlich stärker tanzt als früher. Früher hatten wir vielleicht ein oder zwei sehr gute Teilnehmer. Ich sag mal, Anna Ermakova bleibt uns in Erinnerung zum Beispiel, oder Ella Endlich, auch wenn sie am Ende nur Zweite wurde. Oder Vanessa Mai", so der Tanzexperte. "In dieser Staffel aber hatten wir gleich mehrere Paare, die wirklich gut getanzt haben - und sich damit die zehn Punkte dann auch verdient haben." Dann spricht er die Hater auf Instagram und Co. an:
Eins möchte ich an der Stelle aber auch mal sagen: Wenn es via Social Media Beschwerden gibt, warum ich mal keine 10 gebe, obwohl ich doch letzte Woche oder vor einem Jahr mal so oder so entschieden hätte. Ich betrachte jede Show einzeln. Ich stelle keine historischen Vergleiche an. Ich will kein Bösewicht sein, aber wir suchen Leistung. Daran muss ich manchmal erinnern.
"Brauchen eine Klarnamen-Pflicht"
Immer wieder muss sich Joachim Llambi diese Kommentare für seine "Let's Dance"-Bewertungen anhören. Er kennt den Grund: "Es fühlen sich viele sehr schnell auf den Schlips getreten und die Lunte ist oft sehr kurz. Da bekomme ich oft Gegenwind." Das sei nicht nur bei "Let’s Dance" der Fall, auch als Kommentator im Sport muss er Kritik einstecken. "Bei tausenden Meinungen auf Social Media sind immer welche dabei, die alles verreißen und natürlich nicht mit Klarnamen", so Llambi.
Er findet: "Da habe ich in meinem Buch ja auch ein Kapitel drüber geschrieben, dass wir im Internet eigentlich eine Klarnamen-Pflicht brauchen. Dann hätten wir ein viel, viel saubereres Social Media, was sich auch länger über Wasser halten würde als das, was wir jetzt erleben."
Das große "Let's Dance"-Finale läuft am 23. Mai um 20:15 Uhr bei RTL und parallel bei RTL+.
Verwendete Quellen: dwdl