Zwei Espresso – und die Rechnung bitte

Zwei Espresso – und die Rechnung bitte - Auszug aus "Lust auf Sex"

Während Kristina das Schreiben las, wurde sie immer aufgebrachter. Zornig überflog sie die Zeilen. Nicht nur, dass Reiner sie seit Monaten betrogen hatte. Nein, jetzt versuchte er sich auch noch um seine Unterhaltspflicht herumzudrücken. Die Angaben, die er diesem Advokaten zu seinen Einkünften gemacht hatte, waren von vorne bis hinten erlogen.

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Von einer flüchtigen Begegnung zu einem erotischen Abenteuer.

Wütend warf sie den Brief auf die Kommode und griff nach dem Telefonhörer. Auf der anderen Seite meldete sich Linda. „Was glaubst du wohl, was ich gerade bekommen habe?“ schnaubte Kristina noch immer aufgebracht in die Leitung. „Reiner hat einen Rechtsanwalt genommen. Er bietet mir 1000 Euro Unterhalt im Monat an. Wenn ich damit einverstanden bin, will er sich auch bei der Teilung des Vermögens großzügig erweisen. Eine Frechheit, findest du nicht? Darf ein Anwalt eine solche Unverschämtheit überhaupt vertreten? Das ist ja reine Nötigung, eine Erpressung! Dass ein Anwalt sich für so etwas hergibt!“

Linda bemühte sich, ihre Freundin erst einmal wieder zu beruhigen. „Reiner hat einen Rechtsanwalt genommen?“ „Ja“, Kristina angelte nach dem Schreiben und las den Briefkopf vor. „Dr. Kronen und Partner. Eine Kanzlei hier aus Heidelberg.“ Die sollen nicht schlecht sein“, bemerkte Linda „jedenfalls sind sie bekannt und in Scheidungssachen ziemlich erfolgreich.“ „Nun fang du auch noch an!“ rief Kristina erbost. „Klar, dass Reiner sich nur den Besten nimmt! Aber darf der die Wahrheit einfach verdrehen? Ich weiß doch, was Reiner verdient! Und davon soll er gefälligst abgeben, was mir gebührt! Seine Geliebte überhäuft er ja auch mit Geschenken!“ „Will er sich jetzt scheiden lassen?“ fragte Linda. „Ja“, bestätigte Kristina. „Aber so leicht lasse ich mich nicht überfahren. Da wird er mich noch kennenlernen – und dieser Dr. Jungmann, sein Anwalt und Handlanger, auch. Dem werde ich erst mal erzählen, was sich mein Ex-Göttergatte alles geleistet hat und was seine wirklichen Einkünfte sind …“ „Nun rege dich erst mal ab. Wenn du willst, können wir uns in Ruhe unterhalten und die Sache besprechen“, riet Linda. Sie nannte ein Café in der Altstadt, wo sie sich treffen wollten „Okay, in einer halben Stunde bin ich da“, willigte Kristina ein. Den Brief steckte sie in ihre Tasche.

Linda saß bereits an einem Tisch, als Kristina das kleine Café betrat. Sie setzte sich zu ihr. „Reiner vermiest dir ständig das Leben, obwohl er gar nicht mehr bei dir ist“, stellte Linda fest. „Du solltest ihn endlich aus deinem Leben streichen, verstehst du?“ Kristina lachte spöttisch. Sie kramte den Brief aus ihrer Tasche und schob ihn ihrer Freundin hinüber. „Ja, du hast vollkommen recht. Aber zuerst werde ich diesem Advokaten, der sich für seine Machenschaften einspannen lässt, noch einen Besuch abstatten. Ohne diesen Gehilfen könnte er seine schäbigen Vorstellungen doch gar nicht in die Tat umsetzen. Ich werde ihn aufklären und ihn reinen Wein einschenken …“ „… und dann ein neues Leben anfangen“, ergänzte Linda lächelnd. „Das hast du nämlich bitter nötig.“ Sie las das Schreiben und schüttelte immer wieder ihren Kopf.

Kristina sah sich um. Das Café war um diese Mittagsstunde nur spärlich besetzt. Ein paar ältere Damen spielten Karten. Die Bedienung schnitt hinter der Theke Kuchen. Drüben an der Wand, wenige Tische entfernt, saß ein Mann. Was für ein Mann! Ein Typ wie jener aus der Cola-Werbung, der die Frauen gleich reihenweise in Verzückung versetzte. Drei-Tage-Bart. Sinnlicher Mund. Verwegene Augen, verwegene Haare. Kristina erfasste seine ganze Erscheinung mit einem Blick. Und dieser Typ saß in diesem unscheinbaren Café?

„Eine Unverschämtheit“, brummelte Linda, als sie den Brief gelesen hatte. „Der will dir doch das Fell über die Ohren ziehen! Auf keinen Pfennig wurde ich verzichten, so wie der sich dir gegenüber benommen hat!“ Sie folgte Kristinas Blick und spitzte die Lippen. Kristina spürte Lindas Schuh an ihrem Schienbein. „So gefällst du mir schon viel besser“, flüsterte Linda hintergründig lächelnd. Der Typ aus der Werbung legte die Zeitung aus der Hand und lächelte ihnen zu. Grüne Augen, stellte Kristina fest. Und umwerfende Grübchen in den Wangen. Warum regte sie sich eigentlich über das blöde Schreiben eines Advokaten überhaupt auf? Und über die Lügenmärchen ihres Mannes, der sowieso bald ihr Ex war? Hurra, es gibt mich wieder! registrierte sie erstaunt. Wann war sie zum letzten Mal von einem Fremden so beeindruckt gewesen. Auf diese herrliche Art, nicht auf die andere, die Reiner zu verantworten hatte. Wie lange schon hatte sie dieses Kribbeln nicht mehr gespürt …

Das Lächeln entwickelte sich zu einem Hin und Her. Ich bin ja verrückt, wirbelte es in Kristinas Kopf. Der Typ bezahlte und kritzelte etwas auf seine Zeitung. Dann stand er auf. Schade, dachte Kristina. Ein kurzer Traum: Eine kleine Episode. Aber immerhin. Ich lebe wieder. Er ging an ihrem Tisch vorbei und legte den abgerissenen Rand seiner Zeitung wortlos neben Kristinas Kaffeetasse. Fast in demselben Augenblick war er durch die Tür verschwunden.

„Nein, Herr Dr. Jungmann ist im Moment nicht im Haus. Aber Sie können gern mit einem Kollegen sprechen“, sagte die Sekretärin. Eilfertig holte sie eine dünne Akte aus der Ablage und begleitete Kristina zu einem feudalen Büro „Eigentlich möchte ich lieber mit Herrn Dr. Jungmann persönlich sprechen“, äußerte Kristina, als sie dem anderen Anwalt gegenübersaß. „Dr. Jungmann, der die Sache bearbeitet, ist leider heute verhindert. Er hat einige Verhandlungen bei Gericht. Aber wenn Sie wollen, kann ich Ihnen auch gern einen Termin bei ihm reservieren.“ Er griff zum Telefon. Kurz darauf schlug er einen Vormittag in der nächsten Woche vor. Kristina notierte sich den Termin in ihrem Kalender. Aufgeschoben ist noch lange nicht aufgehoben, grollte sie in sich hinein. Dann verließ sie die renommierte Anwaltskanzlei und mischte sich in den lärmenden Straßenverkehr.

Der Zettel lag neben dem Telefon. Die Worte, die darauf standen, kannte Kristina auswendig: Über Ihren Anruf würde ich mich freuen. Auch die siebenstellige Zahl ging ihr ständig im Kopf herum. Zwei Tage hatte sie gebraucht, um sich durchzuringen. Warum eigentlich nicht? Bisher hatten immer die Männer die Initiative ergriffen. Im Grunde war es ja jetzt nichts anders. Nur hatte dieser Typ es raffiniert verstanden, ihr den Schwarzen Peter zuzuschieben. Zwei Tage lang war sie um diesen Zettel herumgelaufen. Ja, warum eigentlich nicht? Linda hatte gewählt. Wenn sie selbst nicht schon glücklich verheiratet wäre … Aber Kristina? Linda war schon fast neidisch gewesen. Und dann noch diese Geschichte mit Reiner. Was hielt sie eigentlich davon ab? Als ihre Finger die Tasten berührten, klopfte ihr Herz bis zum Hals. „Hallo?“ Sie spürte ihren Puls bis in die Haarspitzen. „Sind Sie der Mann, der auf meinem Tisch einen Teil seiner Zeitung zurückgelassen hat?“ Am anderen Ende der Leitung eine Sekunde der Überraschung. „O ja, im Café. Ich freue mich riesig. Auf einen Erfolg habe ich nicht zu hoffen gewagt.“ „Es passiert zum ersten Mal, dass ich so etwas tue“, sagte Kristina, und ihr Herz schlug immer noch wild. Sie sah ihn vor sich. Sein Lächeln, sein Gesicht. „Können wir uns treffen? Am einfachsten dort, wo wir uns begegnet sind?“ „Wann?“ „Ich fahre sofort los.“

Jetzt am frühen Abend war das Café in der Altstadt gut besetzt. Kristina sah ihn sofort. Er war auch gerade angekommen und suchte nach einem Platz. Sie setzten sich auf zwei Hocker an der Theke. „Ich heiße Sven. Und du?“ „Kristina.“ Er hatte sich nicht verändert. In dem Sporthemd mit dem offenen Kragen und dem legeren Pulli sah er noch verwegener aus.

„Zwei Espresso – und die Rechnung bitte“, lächelte er. Sein ganzes Gesicht lächelte. „Hier ist es viel zu voll. Gehen wir lieber woanders hin.“ Die Schmetterlinge in Kristinas Bauch wurden zu ganzen Heerscharen. Noch nie hatte sie einen Mann auf Anhieb so sympathisch gefunden, so umwerfend, so unwiderstehlich. Er brauchte gar nichts weiter zu tun. Seine Anwesenheit genügte.

Seine Ausstrahlung. Irre. Kristina fühlte sich wie ein kleines Mädchen beim ersten Rendezvous. Nachher wanderten sie noch ein Stück am Neckar entlang. Der Anblick des beleuchteten Schlosses war wunderschön. Sie blieben stehen. Sein Atem streifte ihren Nacken. Noch nie hatte sie sich von ihren Gefühlen so schnell besiegen lassen. So schnell und so bereitwillig. Sie spürte seine Lippen näherkommen, und im nächsten Augenblick tanzten tausend Sterne vor ihren geschlossenen Augen. Sie kamen wieder zu Atem und gingen an die Stelle zurück, wo sie ihre Wagen hatten stehenlassen. Alles war plötzlich geklärt zwischen ihnen. Fast alles. Belustigt stellten sie die alte Frage: „Zu dir oder zu mir?“ „Ich lebe getrennt“, räumte Kristina ein, „und ich kann nicht garantieren, ob mein Mann nicht unvorhergesehen erscheint. Er hat immer noch einen Schlüssel. Wir sind noch mitten in der Streitphase.“ Sie wunderte sich über ihren Mut, ihre Offenheit. „Also zu mir“, legte Sven mit einem Lächeln fest „Aber vorher gehen wir noch essen.“

Über einen Umweg in ein gemütliches Lokal erreichten sie seine Junggesellenwohnung. Kaum waren sie über der Schwelle, fielen sie schon übereinander her, als hätten sie nur auf diesen Augenblick gewartet. Ein langer Kuss, der ihre Hände, ihre Körper miteinbezog. Sven warf seine Jacke über die Lehne eines Sessels. „Was willst du trinken?“ „Nichts, gar nichts.“ Kristina lachte. Nur keine Zeit verlieren. Wie lange hatte sie die Nähe eines Mannes nicht mehr gespürt! Liebkosungen! Das raue Kratzen eines Dreitagebartes auf ihrer Haut! Wie lange hatte Reiner sie nicht mehr angefasst, und wie süß war ihre Rache …

Ihr ganzer Körper sagte ja. Ihr Mund und ihre Arme, ihre Schenkel sie lachten. Sie beugte ihren Kopf nach hinten, und Sven eroberte ihre Lippen, ihre Zunge. Er schälte sie hastig aus ihren Kleidern, verstreute sie auf dem Boden. Gemeinsam warfen sie seine hinterher. „Du hast einen idealen Körper“, flüsterte Kristina unter seinen Küssen. „Du bist noch viel vollkommener“, keuchte er. „Wie könnte ich mich mit dir messen!“ Seine Lippen fanden den Weg hinunter auf ihre nackte Brust. Er legte Kristina auf den weichen Teppich. Mit seinen Händen streichelte er die Knospen, die unter seinen Berührungen emporwuchsen. Seine Finger und seine Hände stürzten Kristina in ein Meer der Verwirrung. Er glitt tiefer über ihren Bauch und ihre gespreizten Schenkel, und als er mit seiner Zunge die empfindsamste Stelle liebkoste, fluteten Wogen des Verlangens und der Lust über sie hinweg. Es war ein köstliches Gefühl. Neu und mächtig und voll glühender Leidenschaft. Kristina genoss den Rausch ihrer Umarmungen. Wann hatte sie sich jemals so frei und ungehemmt dem Sturm ihres Begehrens hingegeben! Ihre Körper verschmolzen zu einer Einheit, kosteten die Empfindungen und den Gipfel der Wollust bis zur Ekstase.

Als sie zurückfanden und ihr Puls wieder in ruhigere Bahnen überging, holte Sven etwas zu trinken. Sie kleideten sich wieder an, noch immer aufgewühlt, aber auch befreit, bis ins Innerste glücklich und zufrieden. „Ich hätte gern, dass du diese ganze Nacht bei mir verbringst“, sagte Sven. „aber ich habe morgen früh eine Gerichtsverhandlung in Frankfurt ich muss sehr früh aufstehen.“ Kristina runzelte ihre Stirn. „Du bist Jurist? Auf diese Gattung bin ich im Moment ziemlich sauer.“ „Ja, ich bin Rechtsanwalt.“ Sven lachte. „Sozius in der Kanzlei Dr. Kronen und Partner. Was ist daran so schlimm?“ Kristina stockte der Atem. „Dr. Kronen und Partner? Dort habe ich in der nächsten Woche einen Termin bei einem Dr. Jungmann. Er vertritt meinen Mann. Und was er schreibt, ist genauso unverschämt wie gelogen.“

Einen Augenblick lang war es still, unnatürlich still. Dann prustete Sven lachend los. Er streckt Kristina seine Hand entgegen. Darf ich mich vorstellen: Dr. Sven Jungmann. Rechtsanwalt. „Den Termin können wir gleich streichen. Ich begehe doch keinen Parteiverrat“ Er schüttelte immer noch lachend seinen Kopf. „Natürlich werde ich das Mandat sofort aufgeben. Dein Mann soll sich einen anderen Anwalt nehmen. Unter diesen Umständen kann ich ihn wohl kaum weiter vertreten.“ Dann nahm er Kristina in den Arm, und sie musste einräumen, dass sie sich schwer getäuscht hatte, jedenfalls was diesen Advokaten betraf.

"Zwei Espresso – und die Rechnung bitte" aus "Lust auf Sex" verlegt durch: ORION / Carl Stephenson Verlag

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